Vortrag mit Cordula Trunk
In Anlehnung an die US-Amerikanerin Heidi Hartmann, die 1981 den Ausdruck von der unglücklichen Ehe zwischen Marxismus und Feminismus prägte, sind auch Materialismus und Feminismus eine turbulente Beziehung eingegangen. Diese hat sich über die Jahrzehnte beruhigt, denn der aktuelle Hauptwiderspruch scheint nicht mehr zwischen Materialismus und Feminismus zu liegen, sondern zwischen materialistischem und queerem Feminismus. Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen?
Für materialistische Feminist:innen ist es entscheidend, das Verhältnis von Kapitalismus und Geschlechterverhältnis zu analysieren, denn sie gehen davon aus, dass die Unterdrückung von Frauen untrennbar mit der Geschichte des Kapitalismus verknüpft ist. Pointiert findet sich das in der Hausarbeitsdebatte wieder. Aus dieser Debatte lässt sich exemplarisch die feministische Kritik am historischen Materialismus ableiten, die auf einer Kritik der Marxschen Kapitalanalyse basiert.
Materialistischer Feminismus wird als Teil einer Theoriebildung sowie im weiten Sinne Teil einer politischen Praxis, die in gesellschaftliche Verhältnisse intervenieren will, verstanden. In ideologiekritischem Sinne muss deshalb immer auch das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft bzw. Subjekt und Kollektivsubjekt innerhalb einer feministischen Bewegung geprüft werden, was sich von der Kategorie Frau zu FLINTA* (Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen) gewandelt hat. Da einige Strömungen des materialistischen Feminismus noch vor der Entstehung der Queer-Theorie argumentierten, dass der historische Materialismus es ermöglicht, Geschlecht als konstruiert zu verstehen, ist es sinnvoll diese Schnittmengen zu beleuchten.
Der Vortrag grenzt den marxistischen vom materialistischen Feminismus ab, gibt einen Überblick über die Entwicklung und die Hauptthesen des materialistischen Feminismus und plädiert für eine Interpretation des Materialismus, in der Geschlecht als konstruiert verstanden werden kann.
Cordula Trunk hat Ökonomie, Philosophie und Kulturwissenschaften in Bayreuth, Barcelona und Leipzig studiert und arbeitet momentan an der Universität Innsbruck. Dort schreibt sie auch ihre Promotion zum Thema „Konfliktgeschichte des feministischen Subjektdiskurses“. Zentrale Forschungsfelder sind feministische Konfliktgeschichte, Subjektivierungsweisen und Antisemitismus in subkulturellen Bewegungen.
Veranstaltung im Rahmen der Reihe
gesellschaft*macht*geschlecht. Alle Veranstaltungen werden auf der
AStA-Website und bei
Instagram einsehbar sein.